Dienstag, 27. April 2010

Statt Währungsunion eine Inflationsunion

Man kann als Regierung kaum gegen die Märkte ankämpfen, wenn sie massiv gegen einen wetten. Dieser Kampf ist aussichtslos. Und genau das ist mit Griechenland jetzt geschehen. Die Investoren haben jegliches Vertrauen in die Kreditfähigkeit des Landes verloren, egal was die griechische oder die EU-Regierungen sagen. Kommt es deshalb zu einem Flächenbrand in der Eurozone? Sind die anderen kranken Länder als nächste dran? Muss die EZB den Notfall ausrufen und die Bonds die niemand mehr will mit Gelddrucken aufkaufen?

Wenn Griechenland nicht freiwillig aus dem Euro aussteigt, was die beste Lösung wäre, dann müssen die anderen Länder der Eurozone aus „Solidarität“ die Zeche zahlen. Da führt kein Weg dran vorbei. Entweder gehen die Griechen raus, werden als ansteckender Patient in Quarantäne gesetzt, erhalten wieder die Souveränität über ihre Währungspolitik, werten ab und werden dadurch wettbewerbsfähig, oder das Krebsgeschwür breitet sich über die anderen PIIGS-Länder aus und die EZB muss im Endeffekt den Euro retten und die Notfallregeln die mit dem Lissabon-Vertrag möglich sind aktivieren.

Die Aktienmärkte der Welt erlebten am Dienstag einen Absturz, nach dem die Ratingagentur Standard & Poors die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf BB+ oder „junk status“ setzte, das erste Land in der Eurozone dem so was seit Einführung des Euro passiert ist. Der Schuldenstand des Landes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte von 124 Prozent im Jahr 2010 auf 131 Prozent im Jahr 2011 steigen, hiess es laut Agentur.

Premierminister Giorgos Papandreou sagte, es wäre die „schwierigste Phase“ in der Geschichte des Landes und sie würden keine Kredit mehr bekommen.

Mann muss sich vorstellen, die Zinsen für griechische Schulden mit einer Laufzeit von zwei Jahren stiegen in die Nähe von sagenhaften 15 Prozent. Das heisst, aus Sicht des Marktes ist Griechenland ein unkalkulierbares Risiko und nicht mehr kreditwürdig.

Der Vertrauensverlust geht aber noch weiter, denn auch Portugal wurde auf A- herabgestuft.

Laut Independent sagte der leitende Ökonom der Royal Bank of Scotland, Jaques Cailloux: „Wir sind über den Punkt ohne Rückkehr gegangen. Es gibt einen totalen Vertrauensverlust.

Der Bond-Markt scheint in Auflösung zu sein und es wird jeden Tag schlimmer.

Die EZB hat sich in dieser griechischen Krise bisher an der Seitenlinie aufgehalten, aber kann man einen Crash des Bond-Marktes in seiner Region erlauben, wenn man der Kreditgeber der letzten Instanz ist? Die werden handeln müssen, wenn diese Ansteckung sich auf die grösseren Länder ausbreitet, wie Italien. Wir haben die ersten Anzeichen dafür heute gesehen.

Cailloux sagte, die EZB soll zur ihrer „nuklearen Option“ der direkten Intervention in die Märkte greifen, um die Staatspapiere aufzukaufen, wenn sie keiner mehr will.

Das machen übrigens die amerikanische und britische Zentralbanken schon lange.

Diese Möglichkeit ist unter normalen Umständen laut EU-Verträge nicht erlaubt, aber die EZB kann in Zeiten einer bedrohlichen Krise diverse Wertpapiere kaufen, theoretisch sogar in unbegrenzter Höhe. Nur Geldrucken wird gerade bei den Deutschen, die so auf Geldstabilität grossen Wert legen, nicht gut ankommen.

So wie es aussieht, fangen die gleichen Symptome der Zinserhöhung auch jetzt in Portugal an, eine Wiederholung was zu Beginn der griechischen Krise stattfand. Die Zinsen die das Land zahlen muss belaufen sich auf 8 Prozent des BIP. Portugals netto internationale Investmentposition ist minus 100 Prozent des BIP, die schlechteste in der Eurozone.

Auch Italien sieht nicht gut aus. Die öffentlichen Schulden machen 115 Prozent des BIP aus. Das Land hat die drittgrösste Schuldenlast der Welt, absolut gerechnet. Was sie bisher gerettet hat ist nur die Tatsache, die italienischen Privathaushalte haben eine sehr hohe Sparquote.

Spanien ist auch ein sehr gefährdeter Kandidat und die Anzeichen einer Krise mehren sich dort. Laut BIZ haben spanische Banken Kredite in Höhe von 80 Milliarden Euro gegenüber Portugal offen. Die Banken müssen bereits Prämien auf ihre inländischen Repo-Geschäfte zahlen, wegen des erhöhten Risikos als Gegenpartei. Was aber viel schlimmer ist, Spanien hat eine Arbeitslosenquote von reel fast 30 Prozent und unter den Jugentlichen sogar 40 Prozent. Das sorgt für reichlich Zündstoff.

Wenn das kleine Griechenland schon ein Problem bedeutet und für Panik sorgt, was ist erst wenn die grossen EU-Länder wie Spanien und Italien vor der Pleite stehen? Na Mahlzeit!

Niemand im Investmentbereich glaubt mehr was die EU-Kommission und speziell Berlin erzählen. Merkel hat ihren Teil zur Krise beigetragen, stottert mal dies mal das daher, nur weil sie Angst hat bei der NRW-Wahl Stimmen zu verlieren, da eine Rettungsaktion beim deutschen Publikum sehr schlecht ankommt.

Laut verschiedenen Umfragen lehnen über 80 Prozent der Deutschen eine Kreditzahlung an Athen ab. Weder die Parlamentarier noch die Regierung wollen diese Volksmeinung ignorieren, angesichts der wichtigen Wahlen in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai.

Heute Mittwoch soll ein Treffen der obersten Banker in Berlin stattfinden. EZB Chef Jean-Claude Trichet und Dominique Strauss-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds IWF, reisen an und wollen Angela Merkel und Wolfgang Schäuble überzeugen, dem gemeinsamen Hilfspaket der 15 Euro-Staaten für Griechenland zuzustimmen. Danach soll das Parlament davon überzeugt werden. Der Widerstand ist gross, speziell wenn die involvierten deutschen Banken, die bis zu 30 Milliarden an Aussenständen in Griechenland haben, nicht auch ihren Teil zur Rettungsaktion beitragen.

Die "verstaatlichte" Hypo-Real soll alleine Kredite von 10 Milliarden in Griechenland haben. Wenn die abgeschrieben werden müssen, dann muss der deutsche Steuerzahler diese Verluste wieder und auch noch tragen.

Auch wenn der Rettung zugestimmt wird, sind diese 30 Milliarden von den EU-Ländern plus 15 Milliarden vom IWF nur ein Tropfen auf den heissen Stein, bei über 300 Milliarden Gesamtschulden Griechenlands, von denen wir wissen! Da kann ja viel mehr noch versteckt sein. Ausserdem ist damit kein einziges Problem gelöst. Wie will Athen, sprich der griechische Steuerzahler, das jemals zurückzahlen? Unmöglich. Alleine mit den Zinsen dafür sind sie schon überfordert. Da kommen harte Zeiten auf alle zu.

Wenn die Griechen zu ganz harten Sparmassnahmen gezwungen werden, dann ist ihre Wirtschaftskraft noch mehr gefährdet und ausserdem kann man mit einem Aufstand dort rechnen. Dann gibt es Randale, aber heftig.

Die EZB wird wohl bald keine andere Wahl haben, als die Bonds der südlichen Krisenländer zu kaufen, wenn die Eurozone nicht von den kranken Patienten bereinigt wird. Wenn die einzelnen Länder mit einer eigenen Währung sich nicht durch Geldentwertung aus der Krise herausmanövrieren können und sie im Euro bleiben, dann ist Geldrucken für die gesamte Eurozone angesagt, was zu einer Inflation führt. Statt einer Währungsunion gibt es dann eine Inflationsunion.

Verwandter Artikel: Griechenland ist offiziell pleite

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.