Montag, 23. Februar 2009

Staaten können sehr wohl bankrott gehen

Mein Name ist Christoph und mein Bruder arbeitet in der Uni Mannheim im Bereich Finanzwesen. Er macht dort gerade seine Doktorarbeit. Vor paar Tagen trafen wir uns in einer Runde. Man sprach auch über die Arbeit. Da sagte einer zu meinem Bruder: "Oh, das ist ja hochaktuell. Worüber geht denn die Doktorarbeit." Er sagte: "Ich habe ausgearbeitet, dass Banken und Staaten nicht bankrott gehen können. Jetzt muss ich das alles korrigieren und neu machen."

Die Leute in der Runde die das hörten haben sich zuerst schief gelacht. Aber dann waren doch alle besorgt und wollten mehr wissen z.B. wie es jetzt um Österreich steht usw. Und das was da rauskam war alles andere als optimistisch. Früher hatte ich paar heftige Dialoge mit meinem Bruder, u.a. darüber, dass diese endlose Verschuldung doch irgendwann zu einem Problem werden muss, wer soll denn das je noch zurück zahlen, würden die Staaten denn nicht zwangsläufig bankrott gehen? Damals sagte er: "NIE! Ein moderner Staat kann heute gar nicht mehr bankrott gehen." Er erzählte dann endlos und kompliziert warum und wieso.

Es war damals für mich einfach zu schwer das als Laie noch zu verstehen. Ich dachte mir dann: Nun, die sind ja aus dem Fach und müssen es wissen. Er ist ein Mathe-Ass, wirft mit kompliziertesten Finanzformeln um sich und das gab ihm die Sicherheit, dass alles, was da läuft kalkulierbar sei, dass man damit sogar die Zukunft recht gut hochrechnen könne. Ich glaube an meinen Bruder es so formulieren zu können: Die Finanzleute haben sich ein grosses "mathematisches Kartenhaus" gebaut und deswegen, weil alles so klar "berechenbar" war sind sie grössenwahnsinnig geworden. Sie meinten: Jetzt kann uns nichts mehr schief gehen, weil wir ja alles im Griff haben.

Die Ideologie der Finanzleute ist die Mathematik und andere Dinge haben sie ausgeblendet mit der Andeutung: Auch das werden wir eines nicht fernen Tages noch "in Zahlen fassen". Heute hören sich seine Worte ganz anders an. So schnell kann sich das ändern.


Wie akuell das Thema "Staatsbankrott" ist sieht an an diesen Meldungen aus dem Mainstream:
Österreich fordert Absicherung osteuropäischer Staaten vor Bankrott
Italien, Irland, Spanien: Europa drohen Staatspleiten
Der Schweiz droht der Bankrott

Kommentar: Selbstverständlich kann ein Staat bankrott gehen, dass heisst zahlungsunfähig werden. Das passiert dann, wenn der Staat seine Ausgaben nicht mehr aus den Steuereinnahmen decken kann, die Zinsen für die bestehenden Schulden nicht mehr bedienen kann und für die fehlende Differenz keine Kredite bekommt. Wenn niemand mehr die "Schuldscheine" des Staates akzeptiert, also diese niemand kauft und damit Geld aufzutreiben, dann ist der Staat pleite. Anzeichen dafür gibt es ja schon, denn die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH konnte nicht alle Bonds bei den letzten Versteigerungen los werden, es fehlten genügend Bieter. Siehe: Deutschland kann seine Schulden nicht mehr finanzieren

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