Wegen der am vergangenen Samstag abgehaltenen Präsidentschaftswahlen in Abchasien, habe ich letzte Woche die Gelegenheit wahrgenommen und mit Aussenminister Sergej Schamba ein Interview geführt.
Mittlerweile ist das Resultat bekannt, der bisherige Amtsinhaber Sergej Bagapsch (60) hat die Präsidentenwahl mit klarer Mehrheit gewonnen. Mit 59 Prozent aller Stimmen habe sich der Präsident gegen die vier Mitbewerber durchgesetzt, erklärte die Wahlkommission am Sonntag in Suchumi.
Der österreichische Journalist und Publizist Werner Pirker sagte, dass die Wahl transparent "wie in anderen Ländern" sei. Er habe keine Verstösse registriert. Er denke auch nicht, dass die territoriale Integrität Georgiens nach der Abspaltung Abchasiens und Südossetiens verletzt worden sei. Denn die beiden Regionen hätten als Teile der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik und nicht der gegenwärtigen Republik Georgien gegolten, sagte der Publizist.
Von den westlichen Medien und Politikern wird Abchasien immer als „abtrünnige georgische Region“ bezeichnet, eine falsche Behauptung und Geschichtsfälschung. Abchasien war immer schon eigenständig, hat mit Georgien weder sprachlich, kulturell noch geschichtlich was zu tun, wurde nur durch den sowjetischen Diktator Joseph Stalin gegen den Willen der Bevölkerung an Georgien 1931 zwangweise hinzugefügt und dann begann eine Durchmischung und gewisse Auflösung der eigenen Identität.
Stalin war ja Georgier und hat selbstherrlich die autonome Sowjetrepublik Abchasien einfach seiner Heimat Georgien zugeschlagen. Sobald das kommunistische Sowjetregime 1992 zusammenbrach, hat das abchasische Parlament im Juli 1992 Abchasien für einen souveränen Staat erklärt. Nur die Georgier habe es nicht akzeptiert, sind 1992 mit Truppen einmarschiert und es folgte ein Krieg der vieles zerstörte. Es wurde ein Waffenstillstand vereinbart, welcher durch Friedenstruppen der GUS-Staaten überwacht wurde.
Vergangenes Jahr hat dann der Präsident von Georgien, Micheil Saakaschwili, nach dem er vom Westen massiv aufgerüstet wurde, die beiden autonomen Gebiete Südossetien und Abchasien am 8.8.2008 überfallen. Russland ist beiden zu Hilfe gekommen und hat die georgischen Invasionstruppen zurückgeschlagen. Daraufhin hat sich Abchasien völlig unabhängig und wieder zu einem eigenständigen Staat erklärt und wurde von Russland als solchen am 26. August 2008 anerkannt. Dazu wurde von Russland der Kosovo als Präzedenzfall erwähnt.
Wenn die USA und die EU diesen Staat nicht anerkennen und weiter behaupten, Abchasien gehöre zu Georgien, dann unterstützen sie damit die völkerrechtswidrige Politik des Massenmörders Stalin und sie handeln im Widerspruch mit der Abspaltung des Kosovo von Serbien, was sie als richtig gefunden haben, das Recht auf Selbstbestimmung. Ihre Politik hat ja schon genug Unheil am Kaukasus verursacht, in dem sie Georgien als strategischen Spielball in der Energieversorgung benutzen und in einen Krieg gegen Russland manövrierten.
Siehe meine Berichterstattung über den Krieg in Georgien hier und hier.
Den Amerikanern und ihrem Alliierten in Europa ist es noch nie um Demokratie in fernen Ländern gegangen, ist nur der scheinheilige Vorwand. Es geht bei allen Konflikten immer um die strategische Ausweitung der Macht und die Sicherung des Zugangs zu Öl- und Gasvorkommen. So auch im Kaukasus, mit den gigantischen Energiereserven im Kaspischen Meer. Georgien und die westliche Marionette Saakaschwili wird nur unterstützt, weil es im grossen imperialistischen Schachspiel wichtig ist dieses Feld zu besetzen.
Die US-Präsenz ist kein Stabilitätsfaktor in der Region, sondern die USA ist zum grossen Teil für die Entwicklung zum Krieg im August 2008 mitverantwortlich. Seit Jahren haben die USA die georgische Armee aufgerüstet, tun das heute weiter, bauen die Militärinfrastruktur wieder auf und bereiten die georgische Armee auf neue Aggressionen vor. Es geht um den Durchgang von Pipelines und die Umzingelung Russlands durch die NATO.
Es gibt nur eine vernünftige und friedliche Lösung, Abchasien als Staat anzuerkennen und Georgien seine Eroberungsgelüste ein für allemal in die Schranken zu weisen. Der Westen muss sich damit abfinden, Abchasien war immer schon und ist ein eigenes Land, deshalb ist es besser normale Beziehungen einzugehen.
Hier das Interview mit Aussenminister Sergej Schamba, welches über eine Dolmetscherin geführt wurde:
Freeman: Meine erste Frage, was können sie uns über die Präsidentschaftswahlen erzählen die am 12. Dezember stattfinden?
Schamba: Bei den kommenden Wahlen werden fünf Kandidaten zur Nominierung als Präsident teilnehmen. Bei den letzten Wahlen vor 5 Jahren gab es einige Kämpfe, die Opposition kam mit an die Macht. Bei der jetzigen Wahl ist es sehr kompliziert, es ist schwierig zu sagen wer gewinnen wird.
Freeman: Was sind die Chancen, dass der amtierende Präsident Sergei Bagapsch gewinnen wird?
Schamba: Es gibt natürlich die Hoffnung, dass er gewinnt. Während seiner Präsidentschaft gab es viele Veränderungen in unserem Land. Er hat die Besetzung unseres Landes durch georgische Truppen verhindert. Er hat die Unabhängigkeit Abchasien erreicht und die Anerkennung durch Russland, Nicaragua und Venezuela, was eine gute Perspektive für uns bedeutet.
Freeman: Was hat dazu geführt, im Jahre 1992 autonom zu werden?
Schamba: Während der Stalin-Diktatur wurde Abchasien ein Teil von Georgien, aber das wurde nicht annerkannt. Auch das Volk hat das nie akzeptiert. Wiederholt kam es zu Demonstrationen der Bevölkerung und sie verlangten immer die Rückkehr der Unabhängigkeit.
Freeman: Also kam der Wille aus dem Volk?
Schamba: Ja, Abchasien war früher die stärkste Republik in unserer Region.
Freeman: Vor der Eroberung durch das zaristische Russland war Abchasien ja ein Königreich, oder?
Schamba: Ja ganz früher war es ein Königreich.
Freeman: Wie beurteilen sie die jetzige Wirtschaftssituation ihres Landes?
Schamba: Abchasien hat unter dem blutigen Krieg 1993 mit Georgien sehr gelitten. Wir waren blockiert und es war sehr schwierig, weil die Wirtschaft zerstört wurde. Jetzt erwarten wir viele Veränderungen. Durch die Anerkennung durch Russland werden viele wirtschaftliche Verbesserungen stattfinden. Der Schwerpunkt ist Tourismus, jedes Jahr kommen 1 Millionen Besucher zu uns. Die Landwirtschaft entwickelt sich auch sehr gut, und unsere Produkte haben grossen Erfolg auf dem russischen Markt. Wir haben sehr viele gute Perspektiven für eine wirtschaftliche Entwicklung.
Freeman: Heisst das, Abchasien will ein eigenständiger Staat sein, unabhängig auch von Russland?
Schamba: Abchasien hat in seiner ganzen Geschichte immer für seine Unabhängigkeit gekämpft. Wir haben mit Russland eine Vereinbarung auf der Basis zweier gleichberechtigter Staaten.
Freeman: Ist Abchasien an ausländische Investitionen interessiert?
Schamba: Selbstverständlich, wie jeder Staat, und wir sind bereit dafür.
Freeman: Welche sind für sie die interessantesten Investitionen die sie suchen?
Schamba: Wir haben sehr viele Vorschläge für Investitionen in verschiedenen Richtungen. Zum Beispiel für Freizeit- und Tourismus, die Förderung unserer Landwirtschaft und auch für den Transithandel. Wir haben auch viele natürliche Ressourcen. Es gibt viele Vorschläge die wir unterbreiten können.
Freeman: Ist Abchasien an einer engeren Beziehung mit Europa interessiert?
Schamba: Selbstverständlich, wir sind ja Nachbarn und wir sind sehr offen dafür. Nur, die EU besteht noch auf die nationale Integrität Georgiens, deshalb sind normale Beziehungen zurzeit unmöglich.
Freeman: Welche Grundlagen gibt es, damit ausländische Investitionen sicher sind?
Schamba: Wir haben entsprechende Gesetze und die Situation ist stabil. Es haben bereits viele Investitionen stattgefunden, aus der Türkei, Russland, Bulgarien, Rumänien usw. und es gibt keine Probleme mit der inneren Sicherheit.
Freeman: Wenn man sich als Inventor interessiert, wie muss man vorgehen?
Schamba: Man kann sich auf unserer Internetseite anmelden, dort findet man alle Informationen und wir werden dann gerne Besuche empfangen und Investitionsmöglichkeiten vorschlagen. Um zu uns zu kommen muss man ein russisches Transitvisa haben und über Sochi einreisen, aber das ist kein Problem, wir können das arrangieren.
Freeman: Wie sehen sie als Aussenminister die politische und wirtschaftliche Zukunft Abchasiens?
Schamba: Wir haben eine stabile Situation hier und gute zukünftige Möglichkeiten, wie ich vorher erwähnte.
Freeman: Plant Präsident Bagaptsch eine Reise nach Europa in nächster Zeit?
Schamba: Nur eine private, denn unser Land wird nicht durch Europa anerkannt, aber wir versuchen Beziehungen mit anderen Ländern aufzubauen.
Freeman: Wäre es von Interesse zum Beispiel eine Schweiz-Abchasische Handelskammer zu gründen, um die Beziehungen zu verbessern.
Schamba: Selbstverständlich, dafür wären wir sehr dankbar. Wir wissen die Schweiz hat sehr viele Möglichkeiten uns zu helfen. Es gibt bereits erfolgreiche humanitäre Projekte.
Freeman: Dann möchte ich mich recht herzlich für das Interview bedanken.
Schamba: Danke ebenfalls und ich hoffe Sie und andere Besucher bald in Abchasien begrüssen zu können.
Hier ein kurzer Ausschnitt aus der Aufzeichnung des Interviews:
Montag, 14. Dezember 2009
Interview mit Sergej Schamba, Aussenminister Abchasiens
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