Durch die jahrelange israelische Totalblockade der Grenze zu Gaza, bei der auch kein Zement oder sonstiges Baumaterial zu den Palästinensern durchgelassen wird, sind die Bewohner gezwungen alternative Methoden anzuwenden. Sie bauen ihre zerbombten Häuser mit selbst gemachten Lehmziegeln wieder auf, wie vor Jahrtausenden.
Al Shaer 36 wurde zum ersten Mal auf diese uralte Methode des Lehmziegelbaus aufmerksam, als er im Jahre 1990 Bangladesh besuchte. „Das haben unsere Vorfahren früher verwendet,“ sagte er. „Aber ich hätte nie gedacht ich würde das selber mal notgedrungen machen müssen.“ Nach dem sein Haus letztes Jahr durch isrealische Bomben zerstört wurde, kam er auf die Idee sein neues Heim aus Lehm zu bauen. Da er wenig Geld hat und Israel keinen Zement nach Gaza rein lässt, musste er sich für das altertümliche, aber auch in unseren Breitengraden wieder aufkommende, umweltschonende Baumaterial entscheiden.
Die älteste bekannte Verwendung von luftgetrockneten Ziegeln geht auf die Sumerer in Mesopotamien – dem Zweistromland – und das alte Ägypten zurück, 4. Jahrtausend vor Christus. Neben gebrannten Ziegeln waren Luftziegel in Mesopotamien ein wichtiger Baustoff, in Ägypten sogar der wichtigste Baustoff für Häuser. In den ersten Dynastien, 3. Jahrtausend vor Christus, wurden Luftziegel auch für Monumentalbauten verwendet.
Al Shaer benutzt Schuhkartons um die Ziegel zu formen, in dem er ein Gemisch aus Lehm, Sand, Stroh und Wasser damit füllt. Den Lehm dafür gibt es reichlich und gratis als Abraum aus den Schmuggeltunnels die unter die Grenze gebuddelt werden. Nach drei Tagen in der Sonne sind die Ziegel trocken und können für den Hausbau verwendet werden. Für das Dach, die Fenster und Türen musste er noch Holzbalken und Bretter dazukaufen. Insgesamt konnte er dadurch für nur umgerechnet 2'000 Euro ein Heim für sein Frau, vier Töchter und seinem kleinen Sprössling in zwei Monaten schaffen.
Al Shaer ist überglücklich über diese "Niedrigenergiebauweise". „Es ist aus Natur und nicht von Menschen gemacht,“ sagt er. „Gott hat diesen Lehm geschaffen, damit die Menschen leben können. Es benötigt keine Technologie. Das ist eine Alternative damit die Menschen überleben können.“ Aber dieser Zwang quasi umweltschonend und kostengünstig zu Bauen zeigt, wie prekär die Lage für die Bewohner des Gazastreifens ist. Sie leben wieder primitiv wie vor tausend Jahren.
Die Blockade von Gaza durch Israel, welche nichts durchlässt, ausser die aller notwendigsten humanitären Sachen, wie geringe Mengen an Medikamente und Lebensmittel, zwingt die Bewohner sich etwas einfallen zu lassen und mit den vorhandenen einfachen Mittel ihr Leben zu gestalten. „Israel sucht dauernd einen Grund um nichts zu uns durchzulassen,“ sagt Al Shaer. „Sie wollen uns nur noch mit dem Überleben beschäftigen, damit wir nicht über unsere politischen Rechte nachdenken können.“
Die Hamas-Regierung in Gaza hat das Haus von Al Shaer besichtigt, um zu sehen ob es als Modell für den Wiederaufbau nach der verheerenden israelischen Bombardierung im Januar dienen kann, bei der 4'000 Häuser völlig zerstört wurden. Israel erlaubt kein Baumaterial nach Gaza, sogar Glasscheiben sind verboten, denn sie behaupten, mit diesen Sachen kann die Hamas Waffen herstellen.
Al Shaer sagt, sein Lehmhaus ist ein Symbol. „Es zeigt, wir können einfach leben. Wir sind Palästinenser, keine Terroristen oder Bettler. Wir brauchen keine Hilfe von Aussen, öffnet einfach die Grenzen.“
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Dienstag, 9. Juni 2009
Die Menschen in Gaza sind gezwungen wie vor Jahrtausenden zu bauen
Eingestellt von Freeman-Fortsetzung um 15:05
Labels: Alternativen, Menschenrechte, Naher Osten, Notstand
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