Dienstag, 23. Februar 2010

Hat Frankreich bald kein Benzin mehr?

Die Arbeiter der Total Raffinerien streiken schon die zweite Woche in Frankreich ohne Anzeichen eines Endes, was die Sorge um Benzinknappheit im Land erhöht. Dadurch ist die Benzinproduktion stark eingeschränkt und viele Tankstellen sind mittlerweile leer. Sollte der Streik länger andauern, droht der totale Stillstand des Verkehrs und der Industrie.

Der Strike wurde ausgerufen, nachdem der Ölkonzern die Schliessung der Raffinerie in Dünkirchen angekündigt hat und die Arbeiter um ihren Arbeitsplatz fürchten. Die ganze Branche leidet unter eine Überkapazität, weil der Bedarf durch die Wirtschaftskrise zurückgegangen ist. Während des Booms wurden zu viele Kapazitäten aufgebaut, die jetzt nicht ausgelastet sind, was Werkschliessungen zur Folge hat.

Seit dem 16. Februar sind die Arbeiter der sechs Total Raffinerien und einiger Benzindepots im Ausstand, wodurch kein Benzin mehr an die Tankstellen ausgeliefert wird. Der Betrieb in Dünkirchen ist seit September eingestellt worden. Obwohl den Arbeitnehmern versprochen wurde, sie würden nicht entlassen, fordern sie Garantien für eine Weiterbeschäftigung.

Die Gespräche zwischen Total und der Gewerkschaft scheiterten am vergangenen Sonntag und es wurde ein neuer Verhandlungstermin für den 8. März vereinbart. Bis dahin geht der Streik weiter. Insgesamt sind 80 Prozent der Arbeiter in den Total Raffinerien im Ausstand. Die Gewerkschaft CGT sagte, heute würde die grösste Raffinerie in Gonfreville komplett stillstehen.

Die sechs bestreikten Raffinerien produzieren 54 Prozent der Petroleum-Produkte Frankreichs. Einige Arbeiter der zwei Esso-Raffinerien werden auch ab heute für 24 Stunden ihren Arbeitsplatz verlassen. Die Angestellten der Petroplus Raffinerien werden morgen Mittwoch über einen Ausstand abstimmen.

Die Treibstofflagerbestände Frankreichs reichen nur für 7 bis 10 Tage, sagte Yves Le Goff, Sprecher der Mineralölvereinigung Ufip am Montag. Die Rohölreserven sind wohl grösser, liegen bei über 100 Tage, es geht aber hier um Fertigprodukte. Wenn die Raffinerien nicht laufen, dann nutzen die Reserven nichts.

Bereits am Montag waren 119 der 2000 Total-Elf Tankstellen knapp an Benzin oder leer. Die Firma beliefert auch eine grosse Anzahl freier Tankstellen und Kunden der Industrie.

Die französische Regierung ist besorgt, die Benzinknappheit könnte das ganze Land zum Stillstand bringen. Deshalb wurde der Chef von Total, Christophe de Margerie, heute in den Ellyseepalast durch Sarkozy einbestellt. Er verlangte eine klare Aussage von Total, wie sie die Raffinerien weiterbetreiben will und wie die konkreten Pläne für die nächsten fünf Jahre aussehen.

Analysten sprechen von einer „Wirtschaftserholung ohne Mehrverbrauch von Öl“, weil der Bedarf stagniert.

Es gibt eine gravierende Überkapazität bei den Raffinerien in den OECD-Ländern, ein Problem wegen der Wirtschaftskrise und signifikanten Abfall an Bedarf,“ sagte Ricardo Crespo, ein Ölanalyst der I.E.A in Paris. „Dazu kommen noch neue Projekte die bald ans Netz gehen.

Diese Bauprojekte wurden vor 10 Jahren geplant, als die Benzinpreise stiegen, der Wirtschaftsboom goldenen Zeiten für die Raffinerien versprach, sagte Jonathan Leitch, an Analyst der Londoner Wood Mackenzie Energieberatung.

Die Märkte waren eng und der Bedarf für Diesel und Benzin stieg in die Höhe,“ sagte Leitch. „Das machte die Aussicht für Investitionen rosig. Jetzt kommen diese Extrakapazitäten, ausgerechnet wenn der Bedarf im Westen fällt.

Durch den Preiszerfall haben Raffinerien ihre Produktion zurückgefahren. So hat Shell vor kurzem Pläne angekündigt, die Raffinerie in Montreal zu schliessen, weil sie keinen Käufer für die Anlage fand. Shell ist auch in Gespräch mit Essar in Indien, um ihre britischen und deutschen Raffinerien zu verkaufen.

PetroChina hielt Verhandlungen mit Valero, einem US-Raffineriebetreiber, um ihre Anlage in Aruba in der Karibik zu kaufen, da diese wegen der niedrigen Spanne stillliegt.

Ein weiteres Problem für den Westen sind die Asiaten, mit den Indern und Chinesen, die auf die amerikanischen und europäischen Märkte mit billigeren Preisen drängen können, da sie bei einem Ölpreis unter 80 Dollar subventioniert werden.

Vergangenes Jahr ist der Bedarf für Petroleumprodukte in Frankreich um fast 3 Prozent im Vergleich zu 2008 gefallen. Seit März 2009 fahren die französischen Raffinerien 150 Millionen Euro Verlust pro Monat ein. Deshalb ist aus Sicht der Ölkonzerne eine dringende Strukturbereinigung und Stilllegung von Raffinerien nötig, was Arbeitsplätze kostet.

Durch den Streik gab es einen Ansturm auf die Tankstellen in Frankreich am letzten Wochenenden. Die Autofahrer sind jetzt auf der Suche nach Benzin und finden immer mehr Tankstellen die nichts mehr haben. Mittlerweile sagt Total, meldeten heute 249 Tankstellen Engpässe bei mindestens einer Benzinsorte.

Kommentar: Da sieht man wie schnell das Transportwesen eines Landes empfindlich gestört werden kann. Was bedenklich ist, hier findet auch eine „just-in-time“ Logistik statt. Sobald die Produktion nur wenige Tage stockt, fangen die Tankstelle an leer zu laufen. Und dann gehen die Probleme erst richtig los. Ohne Benzin und Diesel funktioniert auch der Transport nicht mehr, wie zum Beispiel die Lebensmittellieferungen an die Supermärkte, die ja auch schon lange kein Lager mehr führen. Nach zwei Tagen ohne Nachschub sind dort die Regale leer. Alleine schon deshalb ist es vernünftig immer einen Lebensmittelvorrat Zuhause zu haben und einige Kanister Benzin. Ohne Treibstoff steht unsere Gesellschaft still und wir haben nichts mehr zu essen!

Was diese Situation auch bestätigt, wir haben offensichtlich mehr als genug Raffineriekapazität, wenn die Ölkonzerne sogar diese stilllegen müssen. Die Angstmacherei über eine baldige Energieknappheit ist unbegründet, denn der Treibstoffverbrauch steigt nicht mehr, sondern ist durch die Weltwirtschaftskrise massiv gefallen und wir werden eine langanhaltende Stagnation noch erleben. Bei einem Streik ist das vorübergehend was anders, da können wenige hundert protestierende Arbeiter das ganze Land lahmlegen. Diese Macht sollten wir uns bewusst sein.

Tagesschau vom 23.02.2010

Noch ein Land wo ein Streik alles lahmlegen wird ist Griechenland. Morgen Mittwoch findet ein Generalstreik dort statt, um gegen die harten Sparmassnahmen der Regierung und der EU zu protestieren.

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