Mittwoch, 2. September 2009

Schweden ist das erste Land mit Minuszins

Ohne grosses Aufsehen zu erregen hat die schwedische Reichsbank (Riksbank) die Zinsen für Geldanlagen unter Null im Juli gesetzt. Das ist erstaunlich, denn damit geht die schwedische Zentralbank einen ganz neuen Weg um die Wirtschaft anzukurbeln. Sie ist damit die erste Notenbank der Welt die so eine drastische Massnahme ergriffen hat.

Bereits im Januar 2009 hat die schwedische Notenbank mit einer historischen Zinssenkung sich gegen die Wirtschaftskrise gestemmt. Sie kappte den Leitzins damals auf 1,0 Prozent. Das war schon das niedrigste Zinsniveau seit Beginn der Aufzeichnungen zur schwedischen Zinspolitik im Jahr 1907. Jetzt ist der Zins sogar unter Null, weltweit einmalig.

Sogar als Japan am tiefsten Punkt der Wirtschaftskrise in den 90ger Jahren angelangt war, hat die Zentralbank des Landes Minuszinsen nicht in Erwägung gezogen um die Geschäftsbanken zu zwingen Geld zu verleihen. Jetzt beobachten alle anderen Kollegen diesen aussergewöhnlichen Schritt sehr genau, denn die bisherigen Aktionen haben nicht viel gebracht um die Weltwirtschaftskrise umzukehren.

So hat der Gouverneur der Bank of England (BOE) Mervyn King bereits angedeutet, die britische Notenbank könnte dem schwedischen Beispiel folgen.

Obwohl die Zentralbanken Billionen den Geschäftsbanken an Liquidität zugeführt haben, geben sie es nicht in Form von Krediten an die Kundschaft weiter, sondern sie bleiben auf dem Geld sitzen oder parkieren es wieder bei der Zentralbank gegen Zinsen. Eine prekäre Situation welche die Wirtschaft stranguliert. Wenn das so weiter geht, werden die Zentralbanken keine andere Wahl haben als auch gezwungen sein wie Schweden Minuszinsen einzuführen.

Wenn die Geschäftsbanken nicht bereits sind das Geld welche sie bekommen haben der Wirtschaft und den Konsumenten als Kredite weiterzugeben, dann werden sie wohl mit Minuszins für ihre Hortung bestraft werden müssen, das ist die Logik dieser Entscheidung.

Am Beispiel von Grossbritannien sieht man das sehr gut. 140 Milliarden wurden von der BOE für den Kauf von Schrottpapieren an die Geschäftsbanken bezahlt, um ihnen mit Liquidität zu helfen. Aber das Geld ging nicht an die Wirtschaft weiter sondern wurde bei der Notenbank sofort wieder angelegt. Von März bis Juli 2009 stieg die Geldanlage der Grossbanken bei der BOE von 31 auf 152 Milliarden Pfund.

Auch bei der Europäischen Zentralbank EZB sind die Anlagen der Grossbanken in den letzten Monaten drastisch gestiegen. Das Geld kommt einfach nicht in der Wirtschaft an. In den USA das gleiche Bild. Die Banken werden mit Massen an Geld versorgt, sitzen aber drauf oder legen es lieber bei der FED an.

Es gibt mehrere Gründe dafür. Die Bilanzen der Grossbanken sind in so einem miserablen Zustand, täglich müssen sie weitere Verluste aus der vergangenen freizügigen Kreditvergabe verbuchen. Nach der Hypothekenkrise ist die nächste Pleitewelle bei den Kreditkartenschulden und bei den gewerblichen Immobilien angelaufen. Auch da gibt es immer mehr Zahlungsausfälle und faule Kredite. Deshalb wollen die Banken sich nicht neue Kreditrisiken aufhalsen. Ausserdem trauen sich die Banken untereinander nicht und geben sich gegenseitig keine Kredite mehr. Lieber deponieren sie es bei der „sicheren“ Zentralbank.

Bislang haben Europas Banken 380 Milliarden Franken abgeschrieben. Weitere 400 Milliarden stünden noch aus, sagt eine Studie. Am heftigsten werde es Grossbritannien, Spanien und Italien erwischen. Stark betroffen seien aber auch Schweizer Institute, insbesondere, weil sie Kredite in grossem Stil an Firmenkunden im Ausland vergeben hätten. Entsprechend gross sei die Gefahr von Kreditausfällen als Folge von Insolvenzen.

In den USA sind bereits in diesem Jahr 84 Banken geschlossen worden, mindestens 1'000 sind sogenannte Zombie Banken, das Kapital ist aufgebraucht, also sind sie faktisch pleite.

Bei der Riksbank liegt jetzt der Zins für Geldanlagen bei minus 0,25 Prozent. Wenn Banken dort Geld deponieren müssen sie sozusagen Strafe zahlen. Zum Vergleich, im Jahre 1996 lag der Zins bei plus 8 Prozent, so einen hohen Zins kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Seit dem ist er kontinuierlich gesunken und liegt jetzt bei unter Null.

Der wichtigste Vertreter dieser Zinspolitik ist der Vizegouverneur der Riksbank Lars Svensson, ein weltbekannter Experte für Geldpolitik und enger Freund von Ben Shalom Bernanke dem FED Chef, seit dem sie beide an der Princton Universität zusammenarbeiteten.

Svensson weist die Gefahren aus einer Minuszinspolitik als übertrieben ab. Er sagt, „da ist nichts fremdartiges an negativen Zinsen.“ Wie bitte? Das stellt doch das System auf den Kopf.

Jedenfalls sendete diese „mutige“ Entscheidung ein kräftiges Signal in die Märkte und sie haben es offensichtlich verkraftet. Statt das Geld bei der Zentralbank anzulegen, geben die Banken es untereinander weiter oder spekulieren damit an den Märkten um die Strafe zu vermeiden. Deshalb die künstlich aufgeblähten Aktienkurse in letzter Zeit. Der Wirtschaft hat es aber bisher noch nichts genützt.

Durch diesen Tabubruch mit Minuszinsen wurde ein wichtiger Präzedenzfall geschaffen, den andere Zentralbanken folgen könnten. Es zeigt wie schlecht die Situation im Finanzsystem ist, wenn man zu so drastischen und einmaligen Massnahmen greifen muss.

Übrigens Minuszins ist für mich der beste Beweis, wir befinden uns in einer Deflation, die in einer Hyperdeflation enden kann.

Aktuelle Meldung: China kauft für 50 Milliarden Dollar IWF-Anleihen. Die Anleihen werden in der Kunstwährung des Weltwährungsfonds, den sogenannten Sonderziehungsrechte, herausgegeben. Diese beruhen auf einem Währungskorb aus US-Dollar, Euro, Yen und Pfund Sterling. Damit verabschiedet sich China von bisherigen reinen Dollaranlagen und verteilt das Risiko.

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