Dienstag, 21. August 2007

Wie man den Kapitalismus zerstört

Überall in den Villenvierteln der Welt fluchen jetzt die Reichen über die Putzfrauen, Chauffeure und Gärtner. Die Armen, die sonst taktvoll unsichtbar für die Klasse der Multimillionäre bleiben, sind plötzlich ins Rampenlicht getreten und zerschlagen das globale Finanzsystem. Jetzt muss der Geldadel seine neu erworbenen Yachten, Flugzeuge und Ferienhäuser wieder verkaufen, weil die Blase geplatzt ist. Es mag unglaublich klingen, aber möglicherweise ist dies das erste Mal in der Geschichte, dass die Unterdrückten und Armen das kapitalistische System zusammenbrechen lassen, ohne eine richtige Revolution anzufangen.

Wie haben sie es gemacht? Ganz einfach, sie haben aufgehört ihre Hypotheken zu zahlen, was nicht nur sie sondern auch die überdehnte Mittelklasse gemacht hat. Es waren ja sowieso gezinkte Hypotheken, die vom Konzept her so entworfen wurden, um nach zwei Jahren nicht mehr bezahlt werden zu können. Es waren sogenannte „NINJA“ Kredite, vergeben an Menschen ohne Einkommen, Arbeit und Vermögen, „No Income, No Job, or Assets“.

Jetzt gibt es doch tatsächlich Finanzexperten die in den Medien auftreten, welche den niedrigen finanziellen Wissensgrad dieser Menschen und wie man sie über den Tisch gezogen hat, beklagen. Ja sie wollen denen sogar die Schuld für die Krise wegen ihrer Dummheit geben. Sie stellen völlig abgehobene Fragen, wie, warum haben diese Leute mit Niedrigeinkommen sich nicht einen Anwalt genommen um das Feingedruckte zu lesen? Und haben die keine Finanzberater? Wie bitte!!?

Dann, in einem diabolischen cleveren Schachzug, haben die Armen… die zufällig mit der Arbeiterklasse übereinstimmen… aufgehört einzukaufen. Der Einzelhandel, die grossen Warenhaus- und Supermarktketten, wie Wal-Mart und Home Depot verkündeten enttäuschende Quartalszahlen, was den Markt noch mehr abstürzen lies. Der Chef von Wal-Mart, H. Lee Scott, dessen Imperium auf Niedriglohnarbeiter aufgebaut ist, gab mit sehr rührender Empfindsamkeit zu „Es ist kein Geheimnis, viele Kunden haben am Ende des Monats kein Geld mehr.“

Es wäre schön wenn dieser Angriff auf den Kapitalismus eine geplante Strategie der Armen wäre, dass es geheime Treffen gibt in Hinterzimmern und Parkplätzen im ganzen Land, wo die Rädelsführer ihre Befehle verteilen würden, wie „Du Fred… machst keine Hypothekenzahlung diesen Monat… und du Helen, vergiss das Einkaufen im Supermarkt, OK?“ Aber leider zeigt die jetzige Krise, die Finanzhaie haben sie sich selber eingebrockt.

Wenn zum Beispiel der grösste private Arbeitgeber in Amerika, Wal-Mart, anfängt einen Rückgang an zahlungsfähigen Kunden zu erfahren, muss dieser wohl in den Spiegel schauen und sich selbstkritisch betrachten. Vor hundert Jahren hat Henry Ford bereits realisiert, dass seine Firma nur erfolgreich sein kann, wenn seine eigenen Arbeiter genug verdienen, um sich einen Ford zu kaufen. Wal-Mart macht genau das Gegenteil. Sie haben nicht kapiert, dass ihre fatale Lohndumpingpolitik ihrem eigenen Geschäft schaden würde, sogar bei den angeblichen Niedrigpreisen die sie anbieten.

Die traurige Wahrheit ist, die Menschen welche mit McJobs auskommen müssen und auf Wal-Mart Niveau arbeiten, ziehen eher die Mode vor, welche sie in der Brockenstube und im Second-Hand Laden finden. Sie werden auch keinen Bedarf für die Produkte haben, welche in der Elektronik-, im Bau und Hobby- oder in der Möbelabteilung angeboten werden.

Es wird noch schlimmer. Während die Millionenverdiener wie H. Lee Scott den Arbeitern mit der einen Hand den Lohn drücken, und mit der Drohung der Auslagerung ins Ausland dies auch durchsetzen können, bietet die andere Hand verlockende und einfache Kredite an. Sie sind ein „Ersatz“ für anständige und steigende Löhne geworden.

Es gab mal eine Zeit, wo man für seinen Lohn gearbeitet hat, jetzt soll man dafür zahlen. Früher konnte man mit einem Job als allein verdienender Vater seine ganze Familie ernähren und mit einem gewissen Lebensstandard versorgen. Jetzt benötigen Mutter und Vater jeweils drei Jobs nur um Essen auf den Tisch zu bringen. Aber die Hyänen in der Finanzbranche haben gesagt… he, he, wir haben Kredite und Hypotheken für euch!

Kaufe jetzt zahle später… 0% Zinsen für sechs Monate… Ratenkauf für alles, Möbel, TV, Autos ja sogar Urlaub… und Kredit so viel du willst… mit exorbitanten Zinsen. Es wurden Kredite an Leute vergeben, die es am wenigsten sich haben leisten können, und nicht mal die Zinsen, geschweige denn die Rückzahlung machen konnten. Kaufe dein Traumhaus oder dein Traumauto! Sogar wenn deine Schufa-Auskunft miserable ist, bei uns bist du kreditwürdig.

Die Finanzgangster wussten genau, diese armen Menschen werden niemals die Kredite zurückzahlen die man ihnen überall reingeschoben hat. Aber wen interessiert das? Hauptsache wir verdienen uns jetzt dumm und dämlich mit Provisionen, Kommissionen, Gebühren, Courtagen… und nach uns die Sintflut!

Persönlich würde ich eine wirkliche und gewaltfreie Revolution, mit Protesten, Streiks, Boykotte, die dieses korrupte, perverse und ungerechte System wegfegt, bevorzugen. Ein System welches menschenfeindlich ist, uns nur Kriege, Gewalt, Tot und Leid bringt und den Planeten zerstört. Aber wie wir sehen, es geht am einfachsten auch so, nichts mehr kaufen und nichts bezahlen, dann bricht der Kapitalismus wie ein Kartenhaus zusammen.

Leider wird der globale Kapitalismus diese Kreditkrise, jedenfalls kurzfristig, überstehen, weil die Regierungen irrsinnige Summen in die Märkte pumpen um diese aufrecht zu erhalten und die maroden Banken und Hedge-Funds mit Steuergeldern retten werden. Aber auf lange Sicht hin, hat ein System welches darauf aus ist jeden Cent den Armen weg zu nehmen, um den Reichen zu geben, keine Zukunft.

Wer hätte gedacht, dass Zwangsversteigerungen in den Vororten des typischen Amerika, die Finanzmärkte in London, Frankfurt, Tokio und Shanghai in Aufruhr bringt und eine weltweite Krise auslöst? Die Armen sind aufgestanden und haben gesprochen, nur es ist kein lauter Protest des Zorns, sondern ein leises Wimmern vor Schmerzen.
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Laut AP sind die Zwangsversteigerungen im Monat Juli in den USA um 93% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Fast 180'000 Hausbesitzer haben alleine im letzten Monat die Hypothek gekündigt bekommen. Im Staate Nevada ist die Rate am höchsten, dort ist jeder 199 Haushalt von einer Zwangsversteigerung betroffen.

Laut Washington Post, ist der consumer comfort index (CCI), ein Barometer welcher die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation durch die Öffentlichkeit misst, in dieser Woche um 9 Punkte abgestürzt, der grösste Fall seit dem Beginn der Umfrage 1985!

1 Kommentare:

Ulrich hat gesagt…

Den Kapitalismus zur Sreecke bringen geht auch mit Arbeit verweigern, insbesondere sklavenarbeit, warum nur hat Guido (westerwelle) solche angst vor Rückfall in altrömische Zeiten, weil die alten Caesaren wussten schon , nicht Lohn und Brot braucht das Volk, sondern Brot und SPIELE , deswegen sollte es m.M nicht nur einen Arbeitsminister, sondern auch einen Spieleminister geben, welcher das Volk mit freien spielen beglückt...
P.S.; nur so ein Denkansatz

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